Samstag, 17. September 2016

Gerlach / Liivrand / Pappel (Hg.): August von Kotzebue im estnisch-deutschen Dialog

Reihe Berliner Klassik, eine Großstadtkultur um 1800, Studien und Dokumente. Band 22, herausgegeben von Klaus Gerlach, Harry Liivrand, und Kristel Pappel. Wehrhahn Verlag, Hannover 2016. 304 Seiten, ISBN 978–3–86525–492–4, ISSN 1864–158X, 34,00 €.

Verlagsinfo:
Die im vorliegenden Band enthaltenen Beiträge tragen der Konstellation, dass der in Weimar geborene August von Kotzebue (1761-1819) einen Großteil seiner Werke in Estland verfasste, aber seine Wirkung vor allem in den deutschsprachigen Ländern entfaltete, insofern Rechnung, als der Blick auf ihn und seine Werke ganz wesentlich von der Nationalität der Forscher bestimmt ist. Der Band eröffnet zwei Perspektiven: erstens den Blick aus Estland und zweitens den Blick aus Deutschland. Für das nationale Selbstverständnis der estnischen Forscher ist Kotzebue wichtig, weil er der erste war, der die estnische Sprache auf die Bühne gebracht und sich in die Diskussion um die Bauernbefreiung in Estland eingemischt hat. Erst neuerdings beginnt man, Kotzebue auch kritisch zu sehen. In Deutschland hingegen war Kotzebue schon zu Lebzeiten umstritten und angefeindet. Schon früh wurde er zum Antipoden Goethes stilisiert. Die Verbrennung seiner Geschichte des Deutschen Reiches auf dem Wartburgfest 1817 zementierte seine negative Kanonisierung endgültig. Erst seit der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert vollzieht sich in Deutschland ein zaghafter Diskurswechsel, der ermöglicht, vorurteilsfrei über Kotzebues Dichtungskonzepte zu sprechen. Die Feststellung der Dramaturgin Bettina Bartz in einem Diskussionsbeitrag während des Tallinner Gesprächs 2012, dass die sogenannte Goethe-Zeit mit gutem Grund auch Kotzebue-Zeit heißen könnte, charakterisiert dieses neue Nachdenken, dem auch die hier vorgelegten Beiträge verpflichtet sind.

Neben diesen Studien präsentiert der Band erstmals den zwischen 1791 und 1803 geführten Briefwechsel zwischen Kotzebue und Ludwig Ferdinand Huber. Die Briefe sind ein eindrucksvolles Zeugnis des zielgerichteten Gestaltungswillens August von Kotzebues.

Dienstag, 6. September 2016

Anton Hansen Tammsaare: Das Leben und die Liebe

aus dem Estnischen von Irja Grönholm (Originaltitel: Elu ja armastus, 1934). Guggolz-Verlag, Berlin 2016, 533 Seiten, ISBN 978-3-945370-08-7. Mit einem Nachwort von Cornelius Hasselblatt. € 24 [D] | € 24,60 [A]

Verlagsinfo:

Anton Hansen Tammsaare (1878–1940) nimmt in »Das Leben und die Liebe« ebendieses Leben und ebendiese Liebe so tiefenscharf unter die Lupe, dass beides sich aufzulösen scheint. Irma, ein junges, unbedarftes Mädchen, zieht vom Land in die Stadt. Dort möchte sie ihre diffusen Sehnsüchte und namenlosen Träume verwirklichen. Sie nimmt eine Stelle als Hausmädchen bei dem alleinstehenden Herrn Ikka an, und ein vertracktes Spiel um Liebe und Geliebtwerden beginnt. Liebt Herr Ikka Irma? Oder schwärmt umgekehrt Irma heimlich für Herrn Ikka? Will er sie verführen? Oder wünscht sie sich nichts sehnlicher, als von ihm geliebt zu werden?
Die Liebe muss immer wieder ausgehandelt, bestätigt, infrage gestellt oder ein- und ausgeredet werden in diesem tänzelnden Roman, der zugleich federleicht und zentnerschwer, gewitzt und tragisch, mitfühlend und schonungslos ist. Sobald man denkt, Gewissheit über die Gefühle der Figuren erlangt zu haben, werden die Vorzeichen im nächsten Kapitel verschoben. Und plötzlich ist alles anders, als es gerade noch schien. Es kommt auf die Perspektive an und darauf, wessen Gefühlen oder wessen Behauptungen man Glauben schenkt. Anton Hansen Tammsaare, der große Klassiker der estnischen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts, behält immer alle Fäden in der Hand, seine große Kunst besteht in einer vermeintlich harmlosen, aber glasklaren Sprache, die in ihrer Präzision auf einen tieferen Kern abzielt. »Das Leben und die Liebe« zeigt: Über das ewige Thema der Liebe ist noch längst nicht alles gesagt und geschrieben!

Donnerstag, 1. September 2016

Peeter Helme: Am Ende der gestohlenen Zeit

Was wird aus der Liebe, wenn wir keine Zeit mehr für sie haben? Aus dem Estnischen übersetzt von Uta Kührte. Karl-Rauch-Verlag, Düsseldorf 2016. 120 Seiten, ISBN-13: 978-3-7920-0362-6. € 18,00* (D) / € 18,50* (A)

Verlagsinfo:
Erzählt wird von der Liebe zwischen zwei Menschen, von ihrer heimlichen Beziehung, die von gestohlener Zeit lebt. Zeit, die dem Alltagsleben gestohlen wird, den Ehepartnern, Freunden und Bekannten. Der Roman wirft Fragen auf, die uns alle betreffen: Woran erkennt man die wahre Liebe? Wie geht man mit ihrer emotionalen Last um? Ist sie mit der Realität vereinbar? In die Handlung eingewoben sind philosophische Überlegungen zur Zeit, von der wir immer zu wenig haben und die doch eine scheinbare Ewigkeit dauern kann.