Samstag, 20. Dezember 2014

Reny Klas-Glass: Ein Stück Leben

184 Seiten, Mecklenburger Buchverlag 2014, ISBN 978-3-944265-33-9, 14,90 €.

Verlagsinfo:
Estland 1941. Die 29-jährige Reny ist glücklich. Zusammen mit ihrem Mann Leopold und ihrer kleinen Tochter Gaby lebt sie seit einigen Jahren in Estland und führt ein idyllisches Familienleben. Doch so vollkommen Ihr Glück auch scheint, das Leben in der Stadt Tallinn ist schon sehr bald von politischen Unruhen gezeichnet. Reny und Lolo, wie sie ihren Ehegatten liebevoll nennt, fahren an diesem schönen Junimorgen gut gelaunt zur Arbeit, als sie plötzlich schockiert mit ansehen müssen, wie Soldaten der Sowjetarmee in den Straßen skrupellos Menschen in die Lastwagen vor den Häusern drängen. Nur wenig später stehen auch sie vor Zivilbeamten und werden in einen dieser Transportwagen geführt. Eine letzte Umarmung. Ein letzter Blick in die geliebten Augen. Und die Frage, ob sie jemals zurückkehren werden...

Dieses Buch ist die Autobiografie von Reny Klas-Glass. Eindrucksvoll erzählt sie in ihrer Geschichte, wie sie einen Teil ihrer insgesamt 14-jährigen Verbannung im fernen Sibirien erlebte und überlebte, getrennt von ihrer Familie und unter brutalsten Bedingungen. Sie verstarb 2006 und doch bleiben ihre Erinnerungen, die sie mit anderen Menschen teilen möchte.

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Julija Boguna: Lettland als übersetzte Nation

Reihe Ost-West-Express, Kultur und Übersetzung, Bd. 22. Frank&Timme-Verlag Berlin 2014. 410 Seiten, ISBN 978-3-7329-0103-6, 49,80 Euro.

Verlagsinfo:
Das kulturnationale Modell des 'nation building' erfuhr im 19. Jahrhundert eine große Verbreitung in Nordosteuropa. Einen wichtigen Baustein bildete die Suche nach 'nationalen' Ur-Texten, die als Zeugnisse für die Existenz der 'Nation' dienten. In Lettland (damals Livland) stieß dieses Auf(er)finden von Texten auf besondere Bedingungen: Die Ur-Texte erklangen nicht auf Lettisch, sondern auf Deutsch, in der Sprache der deutschbaltischen Oberschicht. Der 'nationale' Text also eine Übersetzung? Welcher Transformationen bedarf es, um zu einem (lettischen) 'nationalen' Text zu werden? Dieser Frage wird mit Hilfe von kultursemiotischen und translationswissenschaftlichen Ansätzen am Beispiel der Übersetzungsgeschichte von Garlieb Merkels abolitionistischer Schrift 'Die Letten' (1796) nachgegangen. Die Autorin schlägt vor, Übersetzungsgeschichte als Teil der Rezeptions- und Literaturgeschichte zu lesen.

Zu den Herausgebern:
Julija Boguna studierte Übersetzen und Dolmetschen am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der Universität Mainz in Germersheim, 2013 folgte die Promotion im Fach Interkulturelle Germanistik. Seit 2005 ist sie als freiberufliche Dolmetscherin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Mainz (FTSK, Arbeitsbereiche: Interkulturelle Germanistik, Russisch) tätig.

Samstag, 8. November 2014

Dr. Claudio Cantele: Im Visier der Heuschrecken

Ein Wirtschaftsthriller. Styria Krimi, Wien 2014. 192 Seiten, ISBN 978-3-222-13444-9, 12,99 Euro.

Verlagsinfo:
Alles beginnt mit einer Verwechslung: In einer Wiener Tiefgarage wird aus Versehen ein Rechtsanwalt überfallen und ihm sein Aktenkoffer entwendet … Im Koffer befinden sich hoch brisante Unterlagen: der detaillierte Plan einer skrupellosen US-Investorengruppe, die einen Finanzangriff auf Lettland plant, um sich an den zu erwartenden Kursschwankungen bereichern zu können. Zunächst läuft für die Investoren alles nach Plan, doch bald ändert sich das Bild. Flavio Contarini, ein ehemaliger Banker, versucht mit Hilfe eines italienischen Journalisten und eines schwedischen Finanzfachmanns das Land zu retten. Ein packender Wirtschaftsthriller zwischen Wien und Padua, der Insel Mainau, Litauen und Lettland.

Claudio Cantele, Dr., geboren 1953 in Budapest, Studium der Volkswirtschaft in Wien, danach bei Banken und Versicherungen tätig, seit 2008 selbstständig als Gerichtssachverständiger für Wertpapiere und Vermögensverwaltung tätig. Bei Styriabooks erschienen ist die Wirtschaftskrimi-Trilogie „Das stille“ Geld“, „Das schnelle Geld“, „Das dunkle Geld“ rund um die Hauptfigur Flavio Contarini (2012–2013).

Mittwoch, 5. November 2014

Der Herbst kommt jedes Mal zu früh ...

Jüngere Literatur aus Finnland, Estland und Ungarn. Heft 255 der Zeitschrift "Die Horen", Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. Zusammengestellt von Maximilian Murmann. Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 200 Seiten, ISBN: 978-3-8353-1455-9, € 14,00 (D) | € 14,40 (A) | SFr 20,00.

Verlagsinfo:
Zum Buchmesseschwerpunkt »Finnland«: Eine literarische Entdeckungsreise durch Europa. Von Lappland in die Puszta, über Helsinki und Tallinn nach Budapest.
Das diesjährige Gastland der Frankfurter Buchmesse kann im internationalen Vergleich mit dem besten Bildungssystem und der niedrigsten Korruptionsrate aufwarten, aber auch mit dem höchsten Kaffeekonsum und den meisten Heavy-Metal-Bands (pro Kopf). Finnland eilt der Ruf des Sonderbaren voraus, was nicht zuletzt an der Landessprache mit ihren 15 Fällen liegt. Finnisch gehört wie das Estnische und Ungarische zu den finnougrischen Sprachen, die auf den ersten Blick recht wenig mit den großen Sprachen Europas verbindet. Die außergewöhnliche Stellung ihrer Nationalsprachen hat Finnland, Estland und Ungarn nachhaltig geprägt, doch kann man von einer finnougrischen Kultur kaum sprechen. Gemeinsame Erfahrungen gibt es dennoch reichlich. Nachwuchsautoren aus Finnland, Estland und Ungarn gewähren einen Einblick in drei europäische Literaturen im Spannungsfeld zwischen West und Ost, Gestern und Heute.
Mit Holz- und Acrylschnitten von Ari Pelkonen.

Beiträge aus Estland:
Cornelius Hasselblatt - Die Siebziger
Jürgen Rooste - Generationen
Merlin Piirve - Die traurige Geschichte von Marie
Urmas Vadi - Wie wir einer nach dem anderen gehen
Heili Sibrits, Jan Kaus & Urmas Vadi - Zwischen hier und jetzt
Maarja Kangro - Affen und Solidarität
Mehis Heinsaar - Die Rast
Jan Kaus - Der Knall
Mihkel Kaevats - Erinnern der Träume | Kirschen aus Ungarn

Montag, 3. November 2014

Jelena Katischonok: Das Haus in der Palissadnaja

Roman. Braumüller Verlag, Wien 2014. Aus dem Russischen von Claudia Zecher. 492 Seiten, 24,90 Euro (35,50 CHF). ISBN: 978-3-99200-124-8.


Verlagsinfo:
Das Haus Nr. 21 in der Palissadnaja-Straße sieht, lauscht, fühlt und lebt mit seinen Bewohnern. Es kennt all deren Geschichten, Gewohnheiten und Geheimnisse und muss schließlich zusehen, wie sich jene historischen und politischen Ereignisse, die ein Land und eine Stadt im 20. Jahrhundert prägten, auf seine Mieter auswirken.
Ein junger Textilkaufmann erwirbt Ende der 1920er-Jahre ein Mietshaus in Riga, in das nach und nach Personen unterschiedlicher Volksgruppen einziehen. Ein jüdischer Arzt, ein Notar, ein Antiquitätenhändler, ein verarmter russischer Fürst, ein Offizier und eine ehemalige lettische Schönheitskönigin. Ihre Geschichten stehen exemplarisch für Tausende Schicksale und stellvertretend für die Ereignisse während jener Zeit, die von den Umbrüchen und wechselnden Besatzungsmächten der Zwischenkriegszeit über den Zweiten Weltkrieg bis zum Zerfall der Sowjetunion reichen.
Obwohl jeder Bewohner seine eigene Geschichte und Stimme hat, sind sie alle durch das Haus miteinander verbunden. Es kennt seine Bewohner, altert mit ihnen, erinnert sich an sie, auch wenn sie deportiert, erschossen werden oder bis zur Unkenntlichkeit verändert zurückkehren.
Jelena Katischonok nimmt den Leser in ihrem Roman Das Haus in der Palissadnaja mit auf einen Streifzug durch Lettlands Geschichte und beschreibt dabei ihre Protagonisten so liebevoll, dass man mit ihnen fühlt, lebt und sich in ihren Geschichten verliert.

Donnerstag, 30. Oktober 2014

Ruta Sepetys: Und in mir der unbesiegbare Sommer

aus dem Englischen von Henning Ahrens. Carlsen Verlag, Hamburg 2011. 304 Seiten, ISBN 978-3-551-58254-6, 16,90 € (A: 17,40 € / CH: 24,50 sFr).

Verlagsinfo:
Litauen, Sommer 1941: Die fünfzehnjährige Lina trägt noch ihr Nachthemd, als man sie, ihre Mutter und ihren jüngeren Bruder Jonas abholt. Sie weiß noch nicht, dass die sowjetische Geheimpolizei auch ihren Vater an der Universität verhaftet hat. Und auch nicht, dass sie - wie Zehntausende andere Balten - nach Sibirien deportiert wird. Von einem Tag auf den anderen ist Lina konfrontiert mit unvorstellbarem menschlichem Leid, mit Hunger, Krankheiten und furchtbarer Gewalt. Doch Lina fängt an zu zeichnen, in den Staub, auf jedes kleinste Stück Papier, das sie finden kann. Und sie verliebt sich in Andrius. Lina kämpft um ihr Leben und um das ihrer Familie. Doch wird sie stark genug sein?

Ruta Sepetys, geboren und aufgewachsen in den USA, hat selbst Vorfahren aus Litauen, einem Land, das wie Estland und Lettland 1940 für fünfzig Jahre von den Landkarten verschwand. Mit ihrem Buch will die Autorin all jenen Hunderttausenden Balten eine Stimme geben, die während der Schreckensherrschaft Stalins ums Leben kamen. Ruta Sepetys lebt mit ihrer Familie in Tennessee, USA. "Und in mir der unbesiegbare Sommer" ist ihr erstes Buch.

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Imbi Paju: Estland! Wo bist Du?

Verdrängte Erinnerungen. 392 Seiten, Verlag Inspiration UN Limited, Berlin 2014. Übersetzung: Irja Grönholm. ISBN 978-3-9451270-1-8, 18,90 €.

Verlagsinfo:
Ohne Bitterkeit oder Anklage beschreibt die estnische Filmemacherin und Autorin Imbi Paju das Schicksal ihrer Mutter, die im Alter von 18 Jahre in ein sowjetisches Lager deportiert wurde.
Vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts, mit der die Geschichte ihrer Familie verwoben ist, zeichnet Imbi Paju zugleich ein eindrucksvolles, "impressionistisches" Bild der neuesten Geschichte Estlands und Ostmitteleuropas.
Die Politik Russlands unter Wladimir Putin hat diesem Buch drängende Aktualität gegeben. In Schweden und Finnland jahrelang ein Bestseller, erscheint dieses Buch nun auch auf Deutsch.
Mit Vorworten des estnischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves und von Edward Lucas.

Mittwoch, 17. September 2014

Magdalena Solska: Die Systemkrise des Kommunismus und die Entwicklung der Parteiensysteme in Estland, Lettland und Litauen 1988-2011

Nationale Identität, Cleavage-Politik und Parteienwettbewerb in Nordosteuropa. Reihe Osteuropa, Band 7. LIT Verlag, Berlin 2013. 328 Seiten, ISBN 978-3-643-12288-9. 44,90 Euro.

Verlagsinfo:
Die unterschiedliche Entwicklung der Parteiensysteme in Estland, Lettland und Litauen geht auf das Fortwirken der gesellschaftlichen Konfliktlinie (Cleavage) zwischen dem kommunistischen System und den neuen anti-kommunistischen Kräften zurück, die während der Systemkrise des Kommunismus (1988 - 1991) manifest wurde. Im ethnisch vergleichsweise homogenen Litauen ist dieses Cleavage ideologisch geprägt, während es in Estland und Lettland ethnischen Charakter besitzt. Die entlang dieses Konfliktes entstandene Konstellation der politischen Parteien wurde "eingefroren" und bestimmt bis heute das jeweilige Parteiensystem in den baltischen Staaten. Die Cleavage-Theorie und die Freezing-These erfahren somit eine Neufassung.
Magdalena Solska promovierte 2013 im Fach Politikwissenschaft an der Universität Regensburg.

Freitag, 1. August 2014

Franz Preissler: Bestimmungsfaktoren auswärtiger Minderheitenpolitik

Russland und die Frage der Russischsprachigen im Baltikum, 1991-2004 (unter besonderer Berücksichtigung Lettlands). Band 20 der Reihe "Studien zu Konflikt und Kooperation im Osten", Lit Verlag, Münster 2014, 472 Seiten, ISBN 978-3-643-12380-0, 49.90 EUR.

Verlagsinfo:
Instrumentalisiert Russland die russischsprachigen Minderheiten in den Nachbarstaaten primär zur Durchsetzung hegemonialer Interessen?
Am Beispiel der baltischen Staaten Lettland und Estland zeigt der Autor, dass Russland die Minderheitenfrage durchaus instrumentalisiert hat - Mitte der neunziger Jahre (und 2008 in Georgien) zur Verteidigung des sicherheitspolitischen Status quo. Noch häufiger instrumentalisierte Russland die Minderheitenfrage im Baltikum aber für politische Interessen, insbesondere die Abwehr westlichen Drucks in Menschenrechts- und Demokratiefragen. Russland setzte sich für die Minderheiten auch ein.
Insgesamt trägt die Studie zu einem besseren Verständnis der Außenpolitik Russlands seit 1991 bei. Die Erkenntnisse sind von Bedeutung für die zukünftige europäische Sicherheitspolitik. Das im Buch entwickelte Modell auswärtiger Minderheitenpolitik kann für die Analyse anderer Fälle fruchtbar gemacht werden.

Dr. Franz Preissler promovierte 2012 am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er ist seitdem unter anderem als Lehrbeauftragter tätig.

Dienstag, 1. Juli 2014

Stephanie Zloch, Izabela Lewandowska (Hg.) Das ›Pruzzenland‹ als geteilte Erinnerungsregion

Konstruktion und Repräsentation eines europäischen Geschichtsraums in Deutschland, Polen, Litauen und Russland seit 1900. Schriftenreihe Studien des Georg-Eckert-Instituts zur internationalen Bildungsmedienforschung - Band 135. Verlag V&R unipress, 1. Auflage 2014, 400 Seiten mit 30 Abbildungen, ISBN 978-3-8471-0266-3. 54,99 € (als e-book 44,99 €).

Verlagsinfo:
Das »Pruzzenland« ist eine Region im nordöstlichen Europa, die von vielfältigen kulturellen und multiethnischen Traditionen, aber auch historisch von konkurrierenden nationalen Ansprüchen zwischen Deutschland, Polen, Litauen und Russland gekennzeichnet war. Die wohl weitreichendste Zäsur stellten die Verschiebung der nationalstaatlichen Grenzen und der nahezu vollständige Austausch der Bevölkerung im Gefolge des Zweiten Weltkriegs dar. In jüngster Zeit dient der Umgang mit der Vergangenheit als wichtige Ressource für die Suche nach regionaler Identität in Polen, Litauen und Russland. Für das Medium Schulbuch ist die vorliegende Studie in einem internationalen Vergleich über das 20. Jahrhundert hinweg bis zur Gegenwart erstmals Narrativen und Repräsentationen der Region nachgegangen, systematisch gebündelt in der Analyse von mental maps und sieben zentralen Topoi: die Pruzzen, Grunwald/Tannenberg/Žalgiris, Migration, Konfessionen, Persönlichkeiten, Wirtschaft und Gesellschaft und Landschaft.

Dr. Stephanie Zloch ist Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Georg-Eckert-Institut – Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig.
Dr. Izabela Lewandowska ist Historikerin und Geschichtsdidaktikerin und lehrt am Institut für Geschichte und internationale Beziehungen der Ermländisch-Masurischen Universität in Olsztyn.

Freitag, 20. Juni 2014

Eberhard Demm / Christina Nikolajew (Hrsg.): Auf Wache für die Nation

Erinnerungen. Der Weltkriegsagent Juozas Gabrys berichtet (1911-1918). Unter Mitwirkung von Nathalie Chamba. Verlag Peter Lang, 2013. 399 Seiten, ISBN 978-3-631-64451-5 br.  (Softcover), ISBN 978-3-653-03148-5 (eBook). 57,95 Euro.

Verlagsinfo:
In seinen Erinnerungen enthüllt ein ethnischer Unternehmer, wie er sich ab 1911 mit seiner «Nationalitätenunion» für die Befreiung der unterdrückten Nationalitäten Europas einsetzte, im Ersten Weltkrieg als Agent des Auswärtigen Amtes für die Befreiung Litauens von der russischen Herrschaft agitierte und wie er schließlich zwischen den deutschen Annexionswünschen und den großpolnischen Plänen der Alliierten jonglieren musste: massive Propagandakampagnen, schwierige protodiplomatische Verhandlungen, Spionage, Intrigen, trickreiche Geldbeschaffung und Pressebestechung gehörten zu seinem Repertoire. Besonders informativ sind die auf Grund seines Tagebuchs wortgetreu überlieferten Gespräche mit deutschen, alliierten und litauischen Politikern, Diplomaten, Offizieren, Emissären und Agenten, wie sie in den Ministerialakten zumeist nur resümiert werden. Eine unverzichtbare Quellenlektüre für jeden, der die Sprengkraft des «Selbstbestimmungsrechts der Völker» und die Stoßwirkung der Nationalitätenbewegungen im Weltkrieg, aber auch Strategie und Taktik der deutschen imperialistischen Ostpolitik verstehen will. Der direkt aus den Originalkopien im Litauischen Kulturinstitut Lampertheim übersetzte Text enthält eine ausführliche sachliche und biographische Kommentierung.

Eberhard Demm, o. Professor i.R. der Universität Lyon III; Publikationen über Alfred Weber, Erster Weltkrieg, Wilhelminische Zeit.
Christina Nikolajew, Dr. phil., Privatgelehrte; Übersetzerin und Mitherausgeberin der Annaberger Annalen; Publikationen über Religion und Kirche in Litauen.

Donnerstag, 19. Juni 2014

Indrek Hargla: Apotheker Melchior und das Rätsel der Olaikirche

Ein Hansekrimi aus dem alten Reval Aus dem Estnischen übersetzt von Uta Kührt. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2014, Taschenbuch 390 Seiten. ISBN: 978-3-86393-056-1. EUR 14,80.

Verlagsinfo:
Tallinn (früher Reval) im Jahre 1409: Auf dem Domberg wird ein hochrangiger Ordensritter, der von Visby unterwegs nach Marienburg ist, auf grausame Weise ermordet. Alles deutet darauf hin, dass der Mörder vom Domberg in die Stadt geflohen ist. Denn weitere Morde versetzen die Stadt in Aufregung. Stadtapotheker Melchior Wakenstede sucht gemeinsam mit dem Gerichtsvogt Wentzel Dorn nach der Lösung der Mordserie. Auf seiner Suche nach dem Mörder stößt er auf die unterschiedlichsten Menschen und deren mögliche Motive: auf festlichen Gelagen in der Gilde der Schwarzhäupter, in prächtigen Kaufmannshäusern, im Kloster der Dominikanermönche und in zweifelhaften Kneipen außerhalb der Stadtmauern. Einen zentralen Platz im Geschehen nimmt die gotische St. Olaikirche mit ihren alten, mystischen Legenden ein – damals einer der höchsten Türme der Welt.
Kaum scheint der Apotheker der Lösung ein Stückchen näher zu sein, als der Mörder erneut zuschlägt und neue Rätsel aufgibt. War es jedes Mal Mord – oder etwa Selbstmord? Unkonventionelle Mittel wie z.B. ein Schachspiel und unvollständige Gedichtstrophen helfen dem Apotheker zum Ziel zu kommen, er fügt die Bruchstücke des Rätsels zusammen und stellt so den tatsächlichen Täter bloß. Der Mörder scheint gefasst und der Fall abgeschlossen – doch am Ende des Romans wartet eine weitere Überraschung...

Indrek Hargla ist einer der beliebtesten Science-Fiction- und Fantasy-Autoren Estlands. Mit dem vorliegenden Roman hat er sich erstmals dem reinen Krimi-Genre zugewandt und damit seinen bisher größten Erfolg verzeichnet. Inspiration für den Roman fand er in der Geschichte des mittelalterlichen Tallinn und in alten Legenden, die sich um die Stadt ranken. In der Reihe über den Apotheker Melchior sollen in Estland insgesamt mindestens fünf Bände erscheinen. In den bisherigen vier Bänden, die jeweils im Abstand von einigen Jahren spielen, spürt der scharfsinnige Apotheker gefährlichen Mördern nach, die aus verschiedensten Motiven heraus die Sicherheit seiner Heimatstadt bedrohen, sei es aus über Generationen hinweg gehegtem Hass, oder aus bloßer Habgier.

Montag, 19. Mai 2014

E.A.Hermann: Litauisches Grün

& Der Schlittschuhläufer. Roman. 304 Seiten, United P.C. Verlag / Novum Publishing, Neckenmarkt Österreich 2014. ISBN: 978-3-7103-1328-8, 20,90 Euro.

Verlagsinfo:
Arabische, russische und israelische Geheimdienste be-stimmen kurzfristig das Geschehen in Litauens Hauptstadt Vilnius. Die handelnden Personen veranschaulichen temporeich das Gute wie das Böse, die Auswirkungen sind für alle dramatisch, letztlich auch für Harry und die hübsche Dolmetscherin Regina, die beide unfreiwillig in diese Machenschaften geraten. Im Ganzen verinnerlicht, ein durchaus geeigneter Stoff für ein Filmwerk à la Gorky Park.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Dalia Grinkevičiūtė: Aber der Himmel - grandios

Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2014. 206 Seiten, aus dem Litauischen von Vytene Muschick. ISBN 978-3-88221-387-4. 19,90 € / 27,90 CHF.

Verlagsinfo:
Nach der Annektion Litauens 1941 wird Dalia Grinkevičiūtė zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder von den Sowjets nach Sibirien deportiert. Ihre Jugendjahre verbringt sie in der Verbannung im Altai Gebiet und in der Arktis. 21-jährig gelingt Grinkevičiūtė die Flucht. Zurück in Litauen schreibt sie ihre Erinnerungen an die Verbannung in großer Eile auf lose Blätter und vergräbt sie aus Angst vor der Entdeckung durch den KGB in einem Einweckglas im Garten. Kurz darauf wird sie vom KGB verhaftet und erneut deportiert. Nach ihrer Entlassung bleiben die Erinnerungen verschollen, erst nach Dalia Grinkevičiūtės Tod werden die Aufzeichnungen wie durch ein Wunder 1991 gefunden. Die lose Blattsammlung ist zu einem der wichtigsten Dokumente der litauischen Geschichte geworden und zeigt mit ungeheurer Sprachgewalt das Schicksal eines 14-jährigen Mädchens in der Verbannung auf.

Dalia Grinkevičiūtė, wurde 1927 in Kaunas, der provisorischen Hauptstadt Litauens, als Tochter eines hohen Beamten der Nationalbank geboren. 1941 wurde sie mit Mutter und Bruder aus Litauen an die Lenamündung verbannt. 1949 flieht sie mit der Mutter aus der Verbannung und verbringt 1949–1950 illegal in Kaunas, bevor sie erneut nach Sibirien deportiert werden. 1954 erfolgt die Entlassung. Nach einem Medizinstudium war sie ab 1960 als Ärztin tätig. 1977 wird ihr Antrag auf Emigration nach Frankreich abgelehnt. 1987 stirbt Dalia Grinkevičiūtė in Kaunas.

Mittwoch, 2. April 2014

Grigori Kanowitsch: Ewiger Sabbat

Aus dem Russischen von Waltraud Ahrndt. Band 351 der Reihe "Die andere Bibliothek", Berlin 2014. 606 Seiten, ISBN 9783847703518, 38,00 EUR (Preis im Abo: 35.50 EUR).

Verlagsinfo:
»Ich bin kein jüdischer Schriftsteller, weil ich russisch schreibe, kein russischer Schriftsteller weil ich über Juden schreibe, und kein litauischer Schriftsteller, weil ich nicht litauisch schreibe.«
Grigori Kanowitsch (Grigorijus Kanovicius) ist ein Autor zwischen den Sprachen: In Litauen geboren, ist das Jiddische seine Schtetl-Muttersprache. Das Russische eignete er sich als Dreizehnjähriger an, dem Genozid entkommen nach Kasachstan. In seinem literarischen Werk, übersetzt in zwölf Sprachen, vergegenwärtigt er immer wieder das litauische jüdische Leben. Es ist sein Lebensthema.
Es nährt das Kolorit seiner Prosa, ihren Klang und Ihre Gestimmtheit zwischen bitterer Ausweglosigkeit und unerschöpflichem Lebensglauben, zwischen skurrilem Witz und heiterer Melancholie: »Jetzt habe ich begriffen. Der Tod ist ein Feiertag. Das Ende der Arbeit. Der Tod ist ein ewiger Sabbat.«
Swetschi na wetru/Kerzen im Wind (1979) hieß Grigori Kanowitschs erster Roman, der nun unter dem Titel Ewiger Sabbat wiederzuentdecken ist. Anfang der 30er-Jahre – in einem kleinen Dorf bei Vilnius lebt Daniel zunächst bei Großvater, dem Uhrmacher, und Großmutter, der Vater sitzt wegen politischer Umtriebe im Gefängnis. In einen Vogel möchte sich dieser träumende Junge verwandeln: Dann flöge er über Synagogendiener Chaim hinweg, über Fleischermeister Hillels Laden, die Frisierstube von Aaron Damski, den ersten Lehrherrn, sähe den Hochzeitsmusikanten Leiser und Doktor Gutman, und alle die Bewohner dieses Fleckens aus der Ferne. Vor allem bräuchte er nicht länger auf dem jüdischen Friedhof mit all den Krähen und beim einbeinigen Totengräber Josef zu wohnen – er sähe die Welt. Daniel wird sie bald im Ghetto kennenlernen.

Webseite des Autors

Freitag, 21. März 2014

Elīna Garanča: Wirklich wichtig sind die Schuhe

ECOWIN-Verlag, Salzburg 2013, 212 Seiten. ISBN 978-3-7110-0045-3. EUR 21,90 (A/D), CHF 31,50.

Verlagsinfo:Zwischen den Welten
Das kleine blonde Mädchen auf dem lettischen Bauernhof der Großeltern, das Zuckerrüben erntet. Die energische junge Frau, die Partys feiert und mit Sicherheit weiß: Sie will nach ganz oben. Die aufstrebende Sängerin, die sich mühsam von Oktave zu Oktave kämpft. Die liebevolle Mutter, die mit Tochter und Nanny im Kleinbus für die nächste Opernperiode aufbricht. Und die strahlende Mezzosopranistin, die an den großen Konzerthäusern dieser Welt umjubelt wird. All das ist Elīna Garanča.
In ihrem ersten Buch erzählt die Star-Mezzosopranistin über ihr Leben zwischen den Welten: zwischen Ost und West, Wurzeln und Flügeln, Kind und Karriere, Begabung und Selbstdisziplin, Kunst und Leben.
Elīna Garanča wurde 1976 in Riga als Kind einer musikalischen Familie geboren. 1996 ging sie an die Lettische Musikakademie in ihrer Heimatstadt. Während ihres Studiums hatte sie zwei Jahre später ein entscheidendes Erlebnis: Nach nur zehn Tagen Vorbereitungszeit sang sie die Rolle der Giovanna Seymour in "Anna Bolena" und entdeckte ihre tiefe Affinität zum Belcanto-Repertoire. Nach dem Examen wurde sie in Deutschland am Staatstheater Meiningen engagiert, wo sie unter anderem Octavian im "Rosenkavalier" sang. Heute gehört Elīna Garanča dank ihrer wundervollen Stimme, Musikalität und überzeugenden Bühnenpräsenz zu den großen Stars der Musikwelt und tritt in den großen internationalen Opernhäusern und Konzertsälen auf. 2006 erhielt sie den Europäischen Kulturpreis für Musik. 2009 wurde sie mit einem Echo-Preis als Sängerin des Jahres ausgezeichnet. 2013 wurde Elīna Garanča in Wien zur Kammersängerin ernannt.

Donnerstag, 20. März 2014

Viktoras Pivonas: Esel im dritten Frühlingsmond

Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2013. 220 Seiten, ISBN: 978-3-88221-031-6. Preis: 19,90 € / 26,90 CHF

Verlagsinfo:
In diesem geistreichen Salon-Roman gerät der Ich-Erzähler in ein verwirrendes Netz aus erotischen Abenteuern, deren Fäden in einer Person zusammenlaufen, über deren Existenz der Leser nur über Dritte erfährt: der berühmte Therapeut Trockeneisz, der das Leben seines Patienten Bob Puder literarisch ausschlachtet und damit zu einigem Ruhm gelangt. In einer eleganten und rhythmischen Sprache verführt Viktoras Pivonas den Leser in eine Welt zügelloser Neurosen. Der hinterhältige Witz und die pointierten Dialoge, durch die die (Un-)möglichkeiten der Verführung anschaulich werden, hätten auch Oscar Wilde zum Lachen gebracht. Am Ende der Abenteuer und Turbulenzen stellt sich die Frage nach wahrer und falscher Autorschaft, die Frage, wer von wem klaut, wer wen betrügt und wer wessen Identitäten annimmt.
Info zum Autor

Samstag, 8. Februar 2014

Kairi Look: Ville macht sich auf die Socken

Band 5 in der Reihe «Baltische Bibliothek» im BaltArt-Verlag, Langenthal (Schweiz), Dezember 2013. Estnischer Originaltitel «Leemuripoeg Ville teeb sääred». Übersetzt aus dem Estnischen von Irja Grönholm, Illustriert von Elina Sildre. Lektorat / Korrektorat: Arnd Mathias Schuppius. ISBN: 978-3-9523109-6-0, 25 Euro / 32 SFR (plus Porto).

Sonntag, 26. Januar 2014

Alfons Dür: Unerhörter Mut

Eine Liebe in der Zeit des Rassenwahns. Haymon Verlag, Wien / Innsbruck 2012, 200 Seiten, ISBN 978-3-85218-735-8, EUR 19,90 / CHF 28,90.

Verlagsinfo:
Zu Ostern 1942 befreit der 22-jährige Deutsche Heinrich Heinen unter lebensgefährlichen Bedingungen seine jüdische Braut Edith Meyer aus dem Ghetto von Riga. Gemeinsam flüchten sie Richtung Schweiz, wo sie hoffen, eine Zukunft für ihre Liebe zu finden. In Feldkirch an der Grenze zur Schweiz scheitert ihre Flucht. Heinen wird wegen Rassenschande verurteilt, versucht aber im Gefängnis ein zweites Mal, seine Braut zu retten und mit ihr in die Schweiz zu fliehen. Gemeinsam mit anderen Häftlingen durchforstet er Zelle für Zelle nach seiner Braut – vergeblich, denn sie befindet sich bereits auf dem Weg Richtung Auschwitz. Und auch Heinen und seine Mithäftlinge werden die rettende Schweiz nicht mehr erreichen.
Lebendig und packend erzählt Alfons Dür anhand von Originaldokumenten und Bildzeugnissen die berührende und erschütternde Geschichte eines Liebespaares auf der Flucht vor dem Rassenwahn.